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24 Mär 2023
Mönchengladbach - Straßennamen und Erinnerungskultur sind an vielen Stellen in Mönchengladbach bereits miteinander verknüpft. Dies ist nicht nur bei historisch kritisch zu betrachtenden Straßennamen der Fall.
„*28.6.1893 in MG +20.10.1955 in Braunschweig Sozialdemokrat, Reichstagsabgeordneter, Opfer der NS-Diktatur, 1945 bis 1946 Ministerpräsident des neuen Landes Braunschweig“
Dieser Text ist auf einem Schild zu lesen, das Oberbürgermeister Felix Heinrichs am 23. März an der Kreuzung Klagenfurter Straße/Hubert-Schlebusch-Straße unter Anwesenheit von Teilen der Anwohnerschaft sowie Vertreterinnen und Vertretern der Politik enthüllt hat. Anlass ist der 90. Jahrestages der Beschlussfassung über das Ermächtigungsgesetz. Als Mitglied des Reichstags hatte der Sozialdemokrat Schlebusch am 23. März 1933 gegen dieses Gesetz gestimmt, woraufhin er als Lehrer aus dem Staatsdienst entlassen und aus seinem Heimatbezirk ausgewiesen wurde. Das nationalsozialistische Regime konnte durch das Ermächtigungsgesetz ohne auf weitere Ab- und Zustimmungen angewiesen zu sein, jegliche Gesetze erlassen. Dies bedeutete damit das Ende der Republik.
„Auch, wenn es nur ein kleines Schild ist, ist es eine wichtige Form der Erinnerungskultur“, sagt Heinrichs. „An dieser Stelle erinnern wir uns dabei besonders heute an einen Menschen dieser Stadt, der Haltung gezeigt hat, trotz widriger Umstände.“ Dabei weist Heinrichs auch darauf hin, dass diese Form der Erinnerungskultur bereits bei vielen Straßennamen erfolgt ist: „Es geht teilweise um Menschen, denen wir wie Schlebusch unsere Hochachtung erweisen, für ihre Haltung oder ihre Leistungen. An manch einer Stelle erinnern sie uns aber auch an Begebenheiten und Taten in der Geschichte, die sich nicht mehr wiederholen sollten und sie sind damit zugleich ein Mahnmal.“
Die kritische Auseinandersetzung mit Straßennamen, die Überlegung, wie man damit umgeht und Formen möglicher Erinnerungskultur beschäftigt dabei weiterhin Verwaltung und Politik, konkret besonders die Vertreter des Kulturausschusses: „Erst jüngst hat eine Projektgruppe des Studiengangs Kulturpädagogik der Hochschule Niederrhein unter Leitung von Prof. Dr. Andris Breitling Vertretern aus Politik und Verwaltung ihre Ergebnisse und Erkenntnisse zu Fragestellungen in diesem Bereich präsentiert“, berichtet Oberbürgermeister Heinrichs. „Dabei ist noch einmal deutlich geworden, dass dieses Thema ein fortlaufender Prozess bleiben wird und die Bedeutung von Erinnerungskultur noch einmal hervorhebt. Ohne hier politischen Entscheidungen vorweg greifen zu wollen, kann ich sagen, dass es neben solchen Beschilderungen mit Sicherheit noch weitere Formen im Umgang mit der Erinnerungskultur in unserer Stadt geben wird. “
Auch der Prozess in Bezug auf Straßenumbenennungen wird dabei weitergehen: „Aktuell steht keine konkrete Umbenennung an. Doch bisher hat sich deutlich gezeigt, dass es keine Schablone gibt, die wir jeweils anwenden können. Neben der Einordnung historisch sensibler Straßennamen und einer unter Umständen daraus folgenden politischen Entscheidung über eine Umbenennung braucht es dann ja auch einen neuen Namen, der Akzeptanz finden muss. Dabei wird es wichtig sein in einem jeweiligen Fall, die Menschen der Stadt und im speziellen natürlich die der Anwohnerschaft mitzunehmen.“
Quelle-Foto: Stadt Mönchengladbach